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Tod und Trauer: Männer verstehen"Er zieht sich zurück"

DONNERSTAG, 20.01.2011

In unserer Kolumne stellt eine Leserin eine Liebes-Frage - und erhält zwei Antworten: die eines Partnerschafts-Experten und die eines Mannes ohne psychologische Vorkenntnisse.
Thema heute:
"Er ist durch die Trauer so verändert"
Die Frage:
"Ich habe ein großes Problem mit meinem Freund (28). Seine Mutter ist vor gut drei Monaten bei einem Autounfall ums Leben gekommen und seitdem ist er total verändert. Er redet kaum noch mit mir, lässt mich überhaupt nicht mehr an sich ran. Meist zieht er sich zurück und sagt, er wolle lieber in seiner Wohnung bleiben, als mich oder Freunde zu treffen.

Ich weiß langsam nicht mehr weiter. Natürlich habe ich schon versucht, mit ihm über den Tod und seine Trauer zu sprechen, aber da wurde er richtig aggressiv und hat gesagt, ich könne sowieso nicht verstehen, wie es ihm geht.

Ich habe ihm geraten, eine Therapie zu machen, um den Verlust zu verarbeiten, aber das lehnt er rigoros ab. Leider hat mein Freund keine Geschwister, die ich um Rat fragen kann, und sein Vater lebt in den USA und meldet sich nur sehr selten. Könnt ihr mir helfen?" Pia, 27

Die Experten-Antwort:

"Liebe Pia, vielen Dank für Ihre Mail. Neben dem Trauernden müssen häufig auch dessen Angehörige eine besondere Zeit bewältigen. Jeder wird schon mal erlebt haben, wie schwierig es ist, einer Person, die einem nahe steht, nach einem schweren Schicksalsschlag mit den richtigen Worten zu begegnen.

In der Psychologie unterscheidet man verschiedene Phasen, die der Trauernde durchlebt: zuerst kommt die "Schockphase", der Betroffene will den Verlust nicht wahrhaben. Dann folgt die Phase der "aufbrechenden Emotionen" - Wut, Schmerz und Traurigkeit kommen an die Oberfläche. Phase drei und vier sind gekennzeichnet durch die Akzeptanz und Integration des Geschehenen ins eigene Leben und dem zunehmenden Blick nach vorne.

Jeder Mensch benötigt unterschiedlich viel Zeit zum Durchlaufen der einzelnen Phasen. Ihr Freund hat seine Mutter erst vor drei Monaten verloren. Ihre Beschreibung seines Verhaltens deutet darauf hin, dass er sich noch am Beginn der Verarbeitung befindet.

Was Sie konkret tun können: Signalisieren Sie ihm, dass Sie, wenn er es will, für ihn da sind. Sie müssen Geduld haben, da er offensichtlich seine eigene Form des Umgangs mit dem Verlust noch sucht. Der Hinweis auf eine Therapie ist von Ihnen sicherlich gut gemeint, wäre aber zu früh und führt bei ihm wahrscheinlich eher zu Unverständnis. Schön wäre ja, wenn sie gemeinsam eine Möglichkeit finden könnten, den Vater Ihres Freundes in den USA zu besuchen. Alles Gute für Sie und Ihren Freund!" Markus Ernst

Markus Ernst, 40, ist Diplom-Psychologe, arbeitet als Coach bei der Online-Partneragentur Parship.de und hat eine eigene Praxis. Er verfügt  über umfassende Kenntnisse in den Bereichen Partnersuche, Partnerwahl und Partnerschaft.

Die Männer-Antwort:
"Liebe Pia, das klingt nach einem ziemlichen Problem. Einerseits kann ich Ihren Freund verstehen, weil er den Verlust ganz für sich allein verarbeiten will. Andererseits schottet er sich offensichtlich vollkommen von seinem Freundeskreis ab und ignoriert jede Form der - wenn auch kurzen, aber notwendigen - Abwechslung.
Nun weiß ich nicht, ob auch Sie schon den Tod eines Elternteils haben verarbeiten müssen. Wenn nicht, kann ich die Äußerung Ihres Freundes verstehen. Natürlich können Sie nicht wissen, wie es sich anfühlt, die Mutter verloren zu haben. Aber er muss verstehen, dass das vielleicht gar nicht notwendig ist, um Trost zu spenden. In einer Partnerschaft teilt man schöne und traurige Momente, man ist füreinander da. Und wenn einem die Beziehung wichtig ist, teilt man sich auch mit und spricht über das, was einen beschäftigt. Das muss auch Ihr Partner begreifen, deshalb: Sagen Sie ihm das!

Aber zeigen Sie Geduld. Drängen Sie ihn nicht zu dem Verhalten, das Sie sich von ihm wünschen. Er muss selbst verstehen und einsehen, dass er vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben mit etwas kämpft, das er nicht allein meistern kann.

Wenn er erkennt, dass Sie ihm ein offenes Ohr bieten und Trost spenden können, wird er sich Ihnen anvertrauen. Vielleicht - und das halte ich für sehr wahrscheinlich - scheut er sich davor, sich Ihnen gegenüber schwach zu zeigen. Sie müssen ihm klar machen, dass diese Angst unbegründet ist, weil Sie Ihren Freund in diesem Moment gar nicht als schwach wahrnehmen, sondern er mit einem Verlust umzugehen lernen muss, der jedem von uns enorm viel abverlangen würde. Ich wünsche Ihnen und Ihrer Beziehung alles Gute!" Agent Dexter

Unser zweiter Berater ist online unter dem Pseudonym Agent Dexter unterwegs, 28 Jahre alt und studierter Germanist sowie Journalist. Er liebt Musik, Sport und gutes Essen und befasst sich im Auftrag von fem.com zum ersten Mal professionell mit Beziehungsfragen.

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Foto: Miss X / photocase.com

Er trauert

Der Freund der 27-jährigen Pia trauert um seine Mutter und schottet sich seitdem stark von seiner Außenwelt ab. Was kann Pia tun, damit er sich ihr wieder öffnen kann?